Beton bündelt eine Vielzahl positiver Eigenschaften in sich, die ihn zu einem der meist verwendeten Baumaterialien der Welt machen. Wer darum weiß, den flüssigen Stein in eine feste Form zu bannen, kann damit jede Vision in die Tat umsetzen – von der Autobahnbrücke bis hin zum Kunstwerk. Die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten und hohe Beliebtheit von Beton spiegeln sich auch in der aktuellen Baukultur wider, aus der Sichtbeton als Gestaltungsmittel nicht mehr wegzudenken ist.
Beton ist lebendig
Je nach Zusammensetzung und Verarbeitung erhält Sichtbeton bereits in der Herstellung ganz individuelle optische Eigenschaften. Das ausgeschalte Ergebnis entspricht jedoch selten dem gewünschten Resultat. Das liegt mitunter daran, dass Beton in seinen Grundbestandteilen Wasser und Stein nach wie vor ein natürliches Material ist, das bereits bei der Herstellung ähnlich empfindlich auf Umwelteinflüsse reagiert wie Holz.
Im Unterschied zu anderen lebendigen Baustoffen wird Beton allerdings kaum noch als Naturmaterial wahrgenommen. Die Folgen dieses pragmatischen Umgangs mit Betonoberflächen werden meist schon im laufenden Betrieb einer Rohbaustelle deutlich. Der fehlende Schutz vor baubetrieblichen Arbeiten sowie vor Witterungseinflüssen offenbart letztendlich doch, wie empfindlich unbearbeitete Sichtbetonflächen kurz nach der Ausschalung auf äußere Einflüsse reagieren. Das Nachsehen haben am Ende meist Rohbauer, Bauherren sowie Planer, wenn sie mit einer Sichtbetonfläche konfrontiert werden, deren Aussehen aufgrund von Schäden oder Herstellungsfehlern von den vertraglichen Vorgaben abweicht, beziehungsweise nicht den Vorstellungen der Entscheider entspricht.
Sichtbeton planbar gestalten
Doch wie lässt sich die Qualität von Sichtbeton planbar gestalten? „Die Herstellung von Sichtbeton endet noch lange nicht mit der Ausschalung“, weiß Felix Sommer, der Geschäftsführer von SB5ÜNF. Sein Unternehmen mit Sitz in Berlin und Stuttgart hat sich seit Langem auf die Unterstützung bei der Planung sowie die Bearbeitung von Sichtbeton spezialisiert. Nach Jahren seiner Pionierarbeit sieht er den Schlüssel zu schönem Sichtbeton in der Planung. „Unsere Bauvorhaben der letzten Jahre haben immer wieder gezeigt, dass Bauherren und Architekten, die die Nachbearbeitung der Sichtbetonflächen schon früh mit einplanen, am Ende nicht nur die erhoffte Qualität erhalten, sondern dank der Planbarkeit auch einen geldwerten Vorteil für sich schaffen“, sagt Sommer.
Im Idealfall wird die Nachbearbeitung bereits bei der Ausschreibung berücksichtigt. „Wenn unser Sichtbetonteam früh einbezogen wird, können wir auf unerwünschte Veränderungen am Sichtbeton reagieren, noch bevor ein echter Schaden entsteht“, erklärt er weiter.
Kommunikation als Schlüssel
Eine zeitnahe Intervention erfordere seiner Erfahrung nach aber auch die enge Abstimmung mit den Verantwortlichen. „Die Qualität der Arbeitsergebnisse geht oft dadurch verloren, dass die Abstimmung der Bedürfnisse zwischen Bauherren und beauftragten Firmen fehlt“, ist sich Sommer sicher. Genau aus diesem Grund möchte er mit seinem Unternehmen neue Wege gehen und sucht bewusst den Kontakt zu Bauherren, Planern und Gestaltern, um Auftraggeber bereits bei der Abstimmung der Maßnahmen und der Bedürfniseinigung zu unterstützen.
Ein für Sommer wegweisendes Beispiel ist der Umgang mit den Sichtbetonflächen im Deutschlandhaus in Berlin. Aufgrund der langen Einschalzeit der tausend Quadratmeter großen Spannbetondecke und der daraus resultierenden Verfärbungen war den Architekten und Rohbauern bereits bei der Planung klar, dass die Sichtbetonflächen an der Decke der neugebauten Ausstellungshalle eine großflächige und zugleich sensible Nachbearbeitung benötigen würden. Das Sichtbetonteam von SB5ÜNF konnte daher schon sehr früh ein schlagkräftiges Bearbeitungskonzept erstellen, was letztendlich zum gewünschten Erfolg führte.
„SB5ÜNF hat wirklich auf unglaubliche Weise subtil und schon fast restauratorisch nachgearbeitet und sie haben uns auch im Prozess gefragt, ob sie noch einen Schritt weitergehen und noch einmal einen Layer drüberlegen sollen“, sagt der Architekt Stefan Marte in einem Interview über die Zusammenarbeit am Deutschlandhaus. „Wir haben uns dann gemeinsam darauf geeignet, dass der Beton jetzt genau diese natürliche Qualität hat. Alle Strukturen sind noch voll intakt und wir haben den Beton, wie er eigentlich gewesen wäre“, fasst er das erfreuliche Ergebnis der Nachbearbeitung zusammen, durch die der Sichtbetondecke die unmittelbare und nahezu brutale Ausstrahlung verliehen wurde, die sich die Architekten vorgestellt haben.
Leidenschaft als Alleinstellungsmerkmal
Ein routinemäßiges Vorgehen gibt es im Umgang mit Sichtbetonflächen nicht, sagt Sommer. „Jedes Projekt ist anders und kann nicht nach Schema F behandelt werden. Eine Sichtbetonfläche ist nach der Ausschalung im Grunde meist wie eine Skizze: Die grundlegenden Elemente des Bildes sind bereits erkennbar, müssen aber noch ausgearbeitet werden“, erklärt er. Seiner Erfahrung nach erfordere die Arbeit am Sichtbeton deshalb ein hohes Maß an Leidenschaft, das sich letztlich weder durch reines technisches noch durch handwerkliches Wissen ersetzen lässt.
„Entscheidend für die Qualität der Ergebnisse ist das persönliche Engagement und ein besonderes Gespür für die Materie. Jeder unserer Mitarbeiter hat eigene Techniken und Herangehensweisen an die Sichtbetonbearbeitung – was sie alle gemein haben, ist ihr hoher Anspruch an die optische Qualität der Fläche“, ergänzt er. Um Sichtbeton vom Image einer Wundertüte zu befreien, kommt Sommer daher immer wieder auf seine über die Jahre gewonnenen Erkenntnisse und somit sein bewährtes Credo zurück: „Schöner Sichtbeton benötigt eine kluge Nachbearbeitung und eine individuelle Beratung von der Planung bis zur Fertigstellung.“